encore ist ein Start-up der Deutschen Bahn. Für das junge Team durfte ich, pünktlich zur Weihnachtsfeier, Pullis und T-Shirts mit einer tollen Illustration bedrucken. Was am Ende super aussah, war gar nicht so einfach umzusetzen …
Ursprünglich wollte das Team bei mir einen Workshop machen und selbst Textilien bedrucken. Aber wie das bei Start-ups so ist, waren es plötzlich zu viele Mitarbeiter:innen für mein Studio und encore entschied, die Pullis und T-Shirts stattdessen bei mir in Auftrag zu geben.
Das schöne Motiv stammt von der Illustratorin Leonie Henze und stellt einen Batteriespeicher dar – das Herzstück des Start-ups: encore sammelt nämlich gebrauchte Batterien von Elektroautos und fertigt daraus Speichersysteme für erneuerbare Energien. Ziemlich cool, finde ich! Wer dazu mehr erfahren möchte, findet hier mehr Infos sowie eine gut verständliche Visualisierung.
So schön der Druck auf den Shirts und den Pullis aussieht, hat er mich doch vor einige handwerkliche Herausforderungen gestellt. Weil ich es spannend finde, solche Einblicke zu lesen und weil ich es vor allem wichtig finde, zu zeigen, dass Siebdruck gar nicht so banal ist, teile ich ein paar Learnings aus dem Prozess …
Seht ihr einen Unterschied zwischen dem Print auf dem Shirt und dem auf dem Pulli? Sieht genau gleich aus, oder?
Tatsächlich macht es einen riesigen Unterschied, ob ich auf ein dünnen weißen Stoff drucke oder auf einen dicken dunklen Stoff. Lasst mich euch erklären, warum es viel schwieriger war, das Motiv auf den blauen Pulli zu drucken …
Herausforderung Nr 1: Deckfarbe
Ich arbeite mit wasserbasierter Farbe. Das ist an sich schon herausfordernd, weil sich das Wasser in der Farbe mit der Zeit verflüchtigt und die Farbe schnell eintrocknet. Insbesondere wenn noch Trocknungsgeräte im Einsatz sind oder die Sonne drauf scheint. Damit die Farbe auf dunklem Stoff deckt, muss sie natürlich viel dickflüßiger und höher pigmentiert sein als auf weißem Untergrund. Entsprechend trocknet sie noch schneller ein. Und bei einem Vierfarben-Druck (wie in meinem Beispiel), sind drei Siebe ja immer am „warten", also nicht in Benutzung = in kurzer Zeit eingetrocknet.
Lösungen
Siebe vorher mit einem Lappen befeuchten: Die Emulsion hat sie Eigenheit, Feuchtigkeit anzuziehen. So ist die erstmal gesättigt und zieht sie nicht aus der Farbe.
Der Farbe bisschen Wasser beimischen. Ggf. im Prozess wiederholen.
Mit viel Farbe arbeiten und fluten.
Regelmäßig mit einer Sprühflasche Wasser in die Luft nebeln und so die Luftfeuchtigkeit hoch halten.
Versetzt arbeiten = nicht wie üblich eine Farbe pro Runde, sondern einen Rhythmus finden, in dem alle Siebe regelmäßig benutzt werden
Shirts und Pullis wurden also nicht mit denselben Farben bedruckt. Noch nicht mal mit denselben Sieben! Auf den Pullis wurde die dunkelblaue Fläche ausgespart, so dass da die Pullifarbe erscheint. Bei den Shirts wurde entsprechen Weiß ausgespart, damit da die Shirt-Farbe zum Einsatz kommt. Nur das Sieb mit dem pinken Blatt konnte ich für beide verwenden.
Herausforderung Nr 2:
Doppelt drucken
Damit die Deckfarbe so richtig deckt, muss man oft zweimal drüberdrucken. Das birgt das Risiko, dass die erste und die zweite Schicht nicht passgenau sind. Was in diesem Fall an der dritten Herausforderung lag …
Herausforderung Nr 3: Dicker Stoff
Der dicke Stoff von Pullis nimmt viel mehr Feuchtigkeit auf aus dem Raum als ein Shirt. Jetzt drucke ich also die erste Schicht und diese wird unter meinem Flashdryer getrocknet = die ganze
Feuchtigkeit entweicht und das Textil zieht sich zusammen. Was passiert? Natürlich passt die
zweite Schicht dann nicht mehr drauf.
Lösungen
Die Pullis immer eine Runde vorheizen = die Feuchtigkeit entweicht vor dem Bedrucken.
Die Druckplatten vorheizen = es braucht weniger Hitze vom Flashdryer, weil die Wärme von unten schon die Farbe trocknet.
Viel und regelmäßig Sprühkleber/Rollkleber benutzen, damit der Stoff ordentlich fixiert ist und nicht verrutscht.
Zusätzliche Tipps, damit der Pulli unabhängig von der Feuchtigkeit nicht verrutscht: Viel Absprung und Silikonspray auf die Unterseite des Siebs.
Damit ihr euch besser vorstellen könnt, WIE VIEL Feuchtigkeit aus so einem Pulli entweicht: auf dem zweiten Foto seht ihr, wie diesig es war im Studio 😅
Herausforderung Nr 4: Dunkler Untergrund
Ich hab super viele Farbtests gemacht, weil: ein und dieselbe Farbe sieht auf weißem Untergrund ganz anders aus als auf dunklem. Das nennt sich Simultankontrast und ist im Grunde eine optische Täuschung. Das Pink sollte ja aber gleich aussehen auf den Shirts wie auf den Pullis. Jetzt misch mal eine Farbe aufgrund einer optischen Täuschung. 🙃
Lösung?
Testen, testen, testen.
Herausforderung Nr 5: Das Motiv
Das wunderbare Motiv von Leonie Henze basierte ursprünglich auf sieben Farben (Bild links). Das ist für die Siebdrucktechnik sehr viel und entsprechend enorm aufwendig, da ja für jede einzelne Farbe ein eigenes Sieb angefertigt wird und jede Farbe in einem eigenen Druckvorgang gedruckt werden muss.
Lösung
Das Design so bearbeiten, dass sich möglichst viele Farben reduzieren lassen ohne den Look zu sehr zu verändern (Bild rechts).
Das war’s! Am Ende hab ich tatsächlich alle Probleme beseitigen und den Auftrag pünktlich zu Ende drucken können. Ich hab wieder super viel gelernt beim Prozess und auch wenn kurzzeitig die Nerven etwas blank lagen: es hat mir einen riesigen Spaß gemacht, Lösungen auszutüfteln und vor allem dieses schöne Motiv zu drucken. Ein großer Dank geht zudem an encore und meine Ansprechpartnerin Antonia für das Vertrauen und die sehr nette Zusammenarbeit.
PS: Die Pullis und Shirts gab es zur Weihnachtsfeier als Geschenke für das Team. Als ich an einem Abend zu später Stunde vom Studio aus nachhause gefahren bin, sah ich doch einfach hinter hell beleuchteter Fensterfront all meine Pullis sitzen! Da konnte ich es mir nicht nehmen lassen, heimlich ein schnelles Foto zu schießen 😊
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